Der Bairische Blues fährt ins Blaue - und ist dann mal weg

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Nationalpark Gerês

Nationalpark Gerês

Dienstag, 5.4.2022 

It's time to say goodbye, und zwar von der Halbinsel, den Ibericos, den Tapas, Paellas und Pulpos.

Allerdings planen wir noch einen etwas ausgedehnten Zwischenstopp ein, weil wir dringend wieder waschen müssen und Camping Salgueiros keine Waschmaschinen hat, sondern uns die Waschmaschinen bei LIDL ans Herz legt. Überhaupt: Neben der Liliput-Stromversorgung hat dieser Campingplatz auch anderweitig nicht viel Logistik zu bieten. Die Grauwasser-Entsorgung ist so speziell in einer Ecke untergebracht, dass man sie nur unter Mühen anfahren kann, aber Frischwasser haben sie, wenn auch die Zaubermaus an der Rezeption nicht sagen kann, ob es Trinkwasser sei.  

Es bietet sich demnach an, einen Wasch- und Versorgungsstopp einzurichten, bevor wir den Sprint durch Spanien und Frankreich in Angriff nehmen. Das Wetter soll auch etwas wolkenreich und wasserweich werden, was immer ein guter Grund ist abzuwettern.  

Für die beiden Nächte kostet uns der Franz hier 7,42 €, wir beide schlagen mit 6,36 € zu Buche, die Mädels sind für 2,12 € (á 0,53 €) praktisch geschenkt. Für die wackligen zwei Ampère werden allerdings 4,66 € fällig. Das wären sehr verträgliche 20,56 € für zwei Nächte, wenn da nicht die Kurtaxe wäre, die noch einmal 8 € verschluckt. So fließen am Ende 28,56 € in die Kasse dieser Flanierklause am Strand. Wenn bloß der Strom und anderes auch so geschmeidig geflossen wäre.  

Um 11 Uhr verlassen wir Camping Parque Salgueiros, dem wir nur wenige Tränen nachweinen, anders als dem Brasão, dem wir noch einen sehnsüchtigen Blick hinterherschicken. Wir fahren noch schnell bei LIDL vorbei, nicht um doch noch zu waschen, sondern um uns für einige Tage einzudecken. Um 12 Uhr geht es dann richtig los, in Richtung Norden.  

Die Durchfahrt von Porto gestaltet sich noch schwierig, weil wir weiterhin auf mautfreien Straßen unterwegs sind, was einige enge Passagen und knifflige U-Turns mit sich bringt, aber hinter Porto geht es dann relativ geschmeidig dahin: Die Straßen sind nicht mehr so ruppig und die Kanaldeckel häufiger so, wie man sie gerne hat.  

Mit der Anpassung der Straßenverhältnisse verändern sich auch das Land, die Ortschaften und die Architektur ins Beliebige. Wir könnten jetzt eigentlich überall in Europa sein, nur nicht in Portugal. Je höher wir in die Berge klettern, desto mehr passen sich die Dörfer den Bedingungen des raueren Klimas an, und wenn in den Gärten nicht immer noch Calla, Strelitzien und Lampenputzer blühen und Orangen, Mandarinen und Pinien weiterhin das Landschaftsbild bestimmen würden, könnten wir uns auch ins Voralpenland versetzt fühlen.  

Wir nähern uns dem Nationalpark Gerês. Immer höher geht es hinauf, dann steil bergab auf elend engen Straßen zum Stausee Cavado, den wir auf etwa 150 m. ü. M überqueren, um dann sofort wieder in den Klettermodus umschalten zu müssen. Langweilig wird es bei dieser Fahrt weder dem Chauffeur noch der Navigatorin; eine falsche Biege und wir stecken mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwo fest.  

Schließlich erreichen wir um 14:30 Uhr den Campingplatz Parque Cerdeira [N 41° 45' 47,8'' W 008° 11' 21,3''] auf etwa 630 Metern Höhe – und sind dort praktisch allein; vier Womos stehen hier auf einem riesigen Platz, und nun kommen wir hinzu.  

Wir kuscheln uns nicht an, sondern verschwinden gleich über eine enge Brücke auf eine weite Fläche, deren Leere nur von einem unbewohnten Dauercamper gestört wird. Hier sind wir, das wissen wir sofort, goldrichtig, um dem angekündigten Schlechtwetter zu trotzen, zu waschen und uns auf die Weiterreise geistig wie logistisch vorzubereiten.  

Der Campingplatz ist ein Volltreffer, nicht nur für uns und jetzt, sondern für alle, die die Natur lieben, gerne wandern und sich fern ab vom Trubel entspannen wollen. Das scheint etwas verwegen, wenn man hört, dass hier bei voller Belegung 200 Besucher unterkommen. Wenn man die Anlage sieht, verwirft man schnell alle Zweifel. Der Platz ist wirklich riesig, die meisten Stellplätze liegen unter Bäumen auf festem Wald- oder Kiesboden. Für Zelter, Caravane und Campervans sind eigene Bereiche ausgewiesen. Strom ist ausreichend verfügbar, Waschmaschine, Trockner, Spülgelegenheiten reichlich, dazu überdachte Grillplätze, Pool, Minigolf und ein Hochseilgarten, und alles, ohne aufdringlich zu sein oder um Event-Urlauber anzuziehen. Für E-Autos sind Ladesäulen vorhanden, die ganze Anlage ist auf Bewahrung der Umwelt ausgerichtet. Es muss kaum extra erwähnt werden, dass es auf Vorbestellung auch einen Frühstücksservice gibt.  

Ein Highlight ist das Sanitärhaus mit den sogenannten Family Facilities: 14 eigene, mit Code-Karte abgesicherte Sanitärbereiche mit Dusche, Toilette und Waschbecken, alles piekfein und blitzend sauber. Dort ist man für sich und muss seine Utensilien nicht immer herumtragen. Dieser Luxus kostet standardmäßig 5,30 € am Tag, um diese Jahreszeit gibt es ihn umsonst, wie uns die Empfangsdame stolz und lachend eröffnet, während sie uns die Code-Karte über den Tisch schiebt. Ohne diesen Luxusaufschlag bezahlen wir hier 18 € plus 3 € pro Hund am Tag (ACSI).  

Auch für Naturliebhaber ohne Wohnmobil oder Wohnwagen kann dieser Campingplatz eine sehr interessante Adresse sein, weil er viele Bungalows, vom Ein-Zimmer-Iglu bis zum Mehr-Raum-Bungalow, alles in bestem Zustand, bereithält. Und noch ein Tipp: Im Nachbarort Terras de Bouro (aufmerksame Leser erinnern sich: von dort soll der Erfinder der Francesinhas stammen), kann man Wanderritte auf abenteuerlichen und atemberaubend schönen Saumpfaden durch den Nationalpark buchen. Da wir keine Reiter sind, können wir darüber nicht viel mehr sagen, als dass die Besprechungen im Netz nahezu euphorisch sind, nicht nur was das Erlebnis anlangt, sondern auch bezüglich der Pferde und der Betreuung.  

Bei unserer Ankunft hat es 13 °C und es ist bewölkt. Offenbar macht sich das Schlechtwetter auf den Weg zu uns. Also werfen wir gleich die Waschmaschinen an, die uns niemand streitig macht und schaffen es noch bis zum Abend, von den Unterhosen bis zur Bettwäsche alles wieder frisch und fein zu bekommen.  

Die Dogwalkerin führt die Mädels noch über eine Stunde durch den wilden Park rund um den Campingplatz und wirft einen ersten Blick hinunter auf die Talsperre und den Stausee des Homem, einem 37 km langen Fluss, der durch den Nationalpark fließt und in den Cavado mündet.  

Nach einer entspannten Brotzeit beenden wir den Tag und warten, was der Himmel mit uns vorhat; die Wetterfrösche befragen wir lieber nicht mehr, die sind uns gar zu negativ. Aber wir fühlen uns schon jetzt so wohl hier, dass uns das Wetter kaum einen Schrecken einjagen kann. 


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Nationalpark Gerês
Porto