Der Bairische Blues fährt ins Blaue - und ist dann mal weg

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Haytor Rocks / Bovey Tracey

Dartmoor

Samstag, 23.4.2022 

Als wir um 9 Uhr einen Morgenblick aus dem Franz werfen, regnet es ein wenig und es ist trüb.

Unser heutiges Morgenprogramm sieht vor, auf den Markt zu gehen, der hier jeden vierten Samstag im Monat stattfindet. Als wir um 10 Uhr durch die winzige und verwinkelte Ortschaft stiefeln, ist noch kaum ein Laden geöffnet, geschweige denn ein Anzeichen von einem Markt zu erkennen; Widecombe-in-the-Moor schlummert noch. Wir fragen in einem Tante-Emma-Laden nach und erfahren, dass der Markt immer am letzten Samstag des Monats stattfindet, das wäre für viele Monate der vierte Samstag, dieser Mai habe aber fünf Samstage. Wir müssten nächsten Samstag noch einmal vorbeischauen, empfiehlt die Ladeninhaberin schelmisch. Dem Chronisten wird von seiner Reiseleitung oft vorgeworfen, dass er wegen seiner pingeligen Recherchearbeit zu lange für seine Beiträge brauche, nun aber muss sie einräumen, dass ihm ein solcher Lapsus nicht unterlaufen wäre und ihr eine Enttäuschung noch vor dem Frühstück erspart hätte.  

Um 10:45 fahren wir bei inzwischen bedeckten 9 °C los und halten bereits um 11 Uhr zu Füßen der Haytor Rocks auf einem Parkplatz [N 50° 34' 27,5'' W 003° 45' 38,3''].  

Hier führt die Walkerin die Hunde hinauf zum Felsgipfel. Allein ist sie nicht; man kann es nicht gerade als Völkerwanderung bezeichnen, was sich dort hinaufbewegt, aber so eine Art kleiner Fronleichnamsprozession könnte schon zutreffen.

Die Haytor Rocks sind abrupt aus der sanften Hügellandschaft des Moors aufgebrochene Granitkuppeln, die der umgebenden Landschaft ein markantes Gesicht geben. Geht es uns nicht allen so, dass eine etwas zu große Nase, zu weit stehende Augen, ein zu großer Mund oder ein starker Hinterkopf unser Augenmerk mehr erregen als das glatteste und makelloseste Beautyface? Es ist langweilig, nur schön, belanglos schön eben. Doch zwei etwas vorwitzige Eckzähne, die man heutzutage nicht mehr erwarten darf, weil sie weggeklammert wurden, machen ein Gesicht einzigartig und wiedererkennbar. Mit Landschaften ergeht es uns nicht anders: Ein paar Felsnasen im Einerlei der Heide und der abgestorbenen Farngestrüppe ziehen uns magisch an.  

Nach der Rückkehr der Drei bekommen die Mädels ein Frühstück, wie sie es gewohnt sind und auch erwarten, wir begnügen uns mit Müsli. Wir sind zwar nicht mehr direkt satt von gestern, aber hungrig sind wir noch immer nicht.  

Um 12:15 Uhr fahren wir weiter und um 12:30 Uhr bleiben wir schon wieder stehen, und zwar im Oakmore Touring Park von Bovey Tracey [N 50° 35' 20,8'' W 003° 38' 27,3'']. Dort haben wir bereits gestern zur Sicherheit nachgefragt, ob man uns empfangen würde, und haben keinen ablehnenden Bescheid erhalten. Da stehen wir nun auf einem blitzsauberen, ziemlich neuen Campingplatz, der wegen Covid eigentlich erst in diesem Jahr richtig ins Laufen gekommen ist, für 29 £ pro Tag. Die Betreiber sind sehr liebenswert und rührig, hier glänzt alles und riecht nach Frühling wie in der Waschpulverwerbung. Wir stehen auf Kies und um uns herum lauter nette Engländer. Man könnte fast dem Irrglauben aufsitzen, dass es gar keine anderen als nette Engländer gibt. Und schon sind wir wieder in die Familie aufgenommen und bekommen die nächsten Reiseziele ins Logbuch geschrieben.  

Nach den erschöpfenden 15 Kilometer, die wir heute zurückgelegt haben, sind wir so erholungsreif, dass wir einfach nicht mehr tun als unsere Beine auszustrecken, die Sonne zu genießen, die sich aus dem Morgenregen herausgearbeitet hat und unseren Blog zu aktualisieren, weil hier nicht nur die Äußerlichkeiten auf hohem Niveau sind, sondern auch das Internet, was man von den letzten Unterkünften wahrlich nicht immer behaupten kann.  

Nach dem obligatorischen Nachmittagswalk mit den Hunden machen wir uns abends mal wieder kalte Nudeln, weil wir in den vergangenen Tagen genug Deftiges hatten. Dagegen hilft Pasta. Basta!  



Bovey Tracey
Widecombe-in-the-Moor