Der Bairische Blues fährt ins Blaue - und ist dann mal weg

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Bovey Tracey

Claycutters

Sonntag, 24.4.2022

Spät kommen wir aus den Betten. Nach dem Spaziergang zelebrieren wir ein Frühstück im Freien, nicht ohne verschiedene und gehaltvolle Gespräche mit unseren Nachbarn zu führen.  

Es ist zwar noch bewölkt, aber lau und vielversprechend. Dann wird es immer schöner und wir hocken herum wie Urlauber. Nur die Reiseleitung hält es nicht auf dem Stuhl und ist daueraktiv, flitzt hier hin und verschwindet dort hinter einem Windschutz oder in der Rezeption. Wer sie länger als eine Woche kennt, weiß: Die hat schon wieder mal einen Plan, den sie unter Verschluss hält.  

Um 15 Uhr steht der Nachmittags-spaziergang auf dem Programm, dessen, auf den uns vorliegenden Infos, empfohlener Endpunkt, ähnlich wie in New Forest, ein Pub ist. Das Pub heißt Claycutters Arms und liegt in Chutley Knighton, angenehme 20 Fußminuten durch den Wald.  

Als wir dort mit unseren Mädels ankommen, tuschelt die Reiseleitung mit dem Personal. Der Hundehalter glaubt etwas wie „Wo spielt denn die Musik?" zu hören, worauf die Bedienung mit dem Fingerchen auf eine Bühne zeigt. „Schatz, heute gibt's Live-Musik" lässt sie die Katze aus dem Sack, der wahrscheinlich kein Dudelsack ist. Wir suchen uns einen Platz nicht direkt vor der Bühne, sondern eher in der Mitte des Gartens; man weiß ja nicht, was einen erwartet. 

Um 16 Uhr legen dann eine junge Frau mit Harp und E-Ukulele und ein Bursche mit Gitarre los, dass wir uns ganz angetan die Ohren putzen: Die sind ja richtig gut! Als ob sie die Zeiten der Klassiker noch selbst erlebt hätten, hauen sie Burner der Beatles, von Elton John oder Simon & Garfunkel runter, vergessen auch mit einem „Take me home, country roads" das Publikum nicht, das zwar nicht zahlreich, aber in Teilen schon sehr inspritiert ist und losgelöst mitgrölt. Die beiden kriegen das mit ihrer spärlichen Instrumentalisierung richtig pfiffig hin, auch, weil das Mädel eine knackige Stimme hat. Man merkt, dass sie lange an den Arrangements feilten, um die Nummern mit so wenig Mitteln stimmig unters Volk zu bringen. Wir sind jedenfalls sehr angetan und das restliche Publikum, zu dem sich übrigens auch unsere Campingbetreiber gesellt hat, hörbar auch. Während der zwei Stunden, in denen sich die beiden Musiker zu unserem Vergnügen verausgaben, schenken wir zwischendurch unsere Aufmerksamkeit einem Smoked-Haddock-Burger und einer Lasagne (dem Herrn ist immer noch nach Pasta) und lassen auch noch das eine und andere Bier beziehungsweise Cider folgen.  

Als die beiden um 18 Uhr ihren Oldie-Club schließen und wir nach Hause gehen, sagen wir ihnen ein herzliches Dankeschön für den zauberhaften Nachmittag. Als wir ihnen vorflunkern, wir seien extra wegen ihnen aus Deutschland hierhergekommen, glauben sie uns zwar kein Wort, verdrehen aber die Augen und stöhnen: Germany, einer unserer Träume, einmal einen Gig in Germany zu bekommen. Ob der jemals Wirklichkeit wird?  

Um 18:30 Uhr sind wir zurück, hocken vor unserem Franz, mixen uns einen Gin Tonic, arbeiten noch ein wenig an der Doku und verschwinden erst wieder in unserer Burg, als es draußen zu frisch wird. Um 22:30 Uhr machen wir die Lichter aus und der Chronist trällert leise „I've just seen a face / I can't forget the time or place / Where we just met / She's just the girl for me / And I want all the world to see / We've met, mm-mm-mm-m'mm-mm..."  

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