Der Bairische Blues fährt ins Blaue - und ist dann mal weg

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Falmouth / The Lizard

The Lizard

Dienstag, 26.4.2022 

Um 8 Uhr ist der Himmel azurblau, erweist sich aber bezüglich der Temperaturen als ziemlich knauserig: 10 °C. Aber das kann sich heute noch ändern.

Statt der gewohnten Morgenroutine gibt es heute nur einen sehr knappen Pee & Poo-Gang, weil es rund um den Parkplatz kaum ausreichend Möglichkeiten gibt, die Hunde auszuführen, und die beiden dann auch auf stur schalten, im günstigsten Fall erledigen, was zu erledigen ist, aber keine Zweifel an ihrer Morgenstimmung haben. Bei Fianna bedeutet das normalerweise: No Poo! Probably a wee Pee. Ihre Sache, wir genehmigen uns trotzdem ein Frühstück, auch wenn ihr Darm klemmen sollte. Schließlich ist sie alt genug, um zu wissen, was sie braucht und was nicht.  

Um 9:45 Uhr fahren wir los. Der Himmel ist immer noch weiß-blau, aber mehr als 12 °C bringt er nicht aufs Thermometer.  

Eine gute Stunde später rollen wir in Falmouth auf den Parkplatz von Pendennis Castle [N 50° 08' 55,5'' W 005° 02' 52,5'']. Wir folgen demnach der Empfehlung unserer Nachbarn aus Bovey Tracey, die behaupteten, sie wüssten, was gut für uns ist. Doch bevor wir uns dem Castle nähern, bekommen die Mädels jene Beinfreiheit, die ihnen heute Morgen vorenthalten blieb. In den Anlagen rund um das Schloss gibt es Auslauf genug, was kaum zu übersehen ist. Wir sind zwar fast allein auf dem Parkplatz, aber Hunde laufen hier herum, als ob nebenan eine Weltausstellung wäre. Es ist jedoch nur die Nachbarschaft, die hier ihren Morgenspaziergang macht. Unsere Mädels stoßen sich daran nicht, eigentlich interessieren sie sich nicht für andere Hunde, meist erst, wenn die sich für sie interessieren; dann gibt Fianna die Hundeversteherin und Hedda meint: Hau ab! So lange sie uns, ihre Mama und ihren Ball hat, kann sie auf den gesamten Rest des Erdkreises verzichten. Trotz der anhaltenden Kontaktpflege findet Fianna nun endlich Zeit, sich ihrer Altlasten zu entledigen. Puuuh, das wäre also auch erledigt.  

Falmouth ist eine Hafenstadt an der Südküste Cornwalls. Die Stadt zählt gut 20.000 Einwohner. Bedeutung besitzt die Stadt vor allem wegen ihres Hafens, der mit den Carrick Roads den drittgrößten Naturhafen der Welt bildet. Die Carrick Roads ist eine langgestreckte Meeresbucht, die sich zusammen mit dem Mündungstrichter des River Fal zwischen Truro und Falmouth erstreckt.  

Und diese Carrick Roads ist Ursache für den Bau von Pendennis Castle. Auslöser ist der Abfall Heinrich VIII vom katholischen Glauben, wobei er sich und sein Land von Rom lossagte. Der Papst begnügte sich nicht damit, Heinrich zu exkommunizieren, sondern hetzte die katholischen Könige von Spanien und Frankreich auf, England zu besetzen und wieder dem Katholizismus zuzuführen. Weil die Angreifer die Carrick Roads kannten und Heinrich klar war, dass diese die Bucht als Ankerplatz für ihre Invasion nutzen würden, ließ er Pendennis Castle (1539 bis 1545), zusammen mit St. Mawes Castle am gegenüberliegenden Ufer der Bucht, errichten.  

Die Anlage lässt keinen Zweifel zu, dass Pendennis Castle zu allen Zeiten eine reine Verteidigungsanlage war; zum Schloss hat sie es nie gebracht. Außer dem Rundturm, dem Dojon, besitzt sie nur noch ein Torhaus und eine einfache Wehrmauer. Dementsprechend karg ist das Besuchserlebnis. Man hangelt sich durch elend steile und hautenge Treppen (schon eine Kamera ist dabei gelegentlich hinderlich) den Turm hoch und besichtigt die Verteidigungsräume mit den Geschützen auf den verschiedenen Ebenen. Wenn man von der großartigen Aussicht hinaus in die Bucht und auf den Atlantik absieht, hält sich die touristische Attraktion in Grenzen.  

Südlich des Dojons, draußen auf der Landzunge, liegen zwei halbkreisförmige Stellungen, die Half-Moon Batteries, die mit ihren Geschützen die gesamte Spitze der Landzunge abdecken konnten. Die Halbmonde wurden im 18. Jh. errichtet. 1820 wurden neun 18-Pfünder-Kanonen installiert, die 1855 durch fünf 32-Pfündern ersetzt wurden. Um 1900 sorgten zwei 6-Zoll-Mark-VI-Hinterladerkanonen für den Schutz der Mündung. Im Laufe des 2. Weltkriegs wurden sie mit leistungsstärkere Geschütze weiter aufgerüstet. 1956 wurden sie außer Betrieb genommen.  

Besonders beindruckend ist für den Chronisten ist die Technologie, mit der man schon im 18 Jh. die genaue Position einlaufender Schiffe feststellen konnte. Ein Fernrohr ist beweglich auf einem Kartentisch montiert, wobei die Bewegung des Fadenkreuzes im Fernrohr millimetergenau auf den Tisch übertragen wird. Auf diese Weise konnte man den Schützen jederzeit die aktuelle Position eines feindlichen Schiffes übergeben. Nicht schlecht, Herr Specht.  

Darüber hinaus löst Pendennis Castle bei uns keine Begeisterungsstürme aus. Der Rundumblick ist beeindruckend, aber ein leerer Turm mit einigen Infotafeln, dazu jede Menge Waffen aller Jahrhunderte und martialisch über der Landzunge aufragende Geschützveteranen, lösen kein Halleluja aus, zumal wenn man bedenkt, dass diese ehrwürdige Sehenswürdigkeit 20 £ pro Nase kosten soll. Dann freut man sich, dass Pendennis Castle seit 2011 von English Heritage verwaltet wird und wir mit einem freundlichen Welcome durchgewunken werden. Wir erinnern uns: 88 £ haben wir in Stonehenge für die Mitgliedschaft bezahlt und dabei schon 48 £ für den Eintritt dort gespart. Heute gehen noch einmal 40 £ in die Erbschaftskasse, was bedeutet, dass jeder weitere Besuch einer Heritage-Sehenswürdigkeit umsonst ist. Sieht aus, als ob wir sehr zukunftsorientiert investiert haben, obwohl die Investitionsobjekte schon sehr kalter Kaffee sind.  

Als der Versuch, einen Kaffee und einen Scone zur Stärkung zu bekommen, am nicht Vorhandensein jeglichen Servicepersonals in der Cafeteria scheitert, beenden wir den Besuch von Pendennis Castle um 12:30 Uhr und verwerfen auch den Besuch des Maritim-Museums, das uns so sehr ans Herz gelegt wurde. Wir haben keine Zweifel, dass es dort viel Spektakuläres und Informatives zu sehen gibt, aber 15,50 £ Eintritt pro Person finden wir deutlich überzogen. Und bis dieses Museum von English Heritage betreut wird, sind wir selbst schon längst heritage-würdig.  

Um 12:50 Uhr verlassen wir Falmouth. Wir dringen nun tief nach „Como" vor, so tief, dass es tiefer nicht mehr geht. Unser Ziel ist The Lizard, wo wir um 13:45 Uhr Henry's Campsite ansteuern [N 49° 58' 06,4'' W 005° 12' 25,0'']. Schon diese Ansteuerung ist abenteuerlich, weil man einfach nicht glauben mag, dass diese Gassen, die zudem verparkt sind, in einen Campingplatz führen sollen. Tun sie aber! Die Einfahrt zu Henrys schrulligem Schmuckkästchen ist so eng, dass wir die Außenspiegel einklappen müssen. Sollte der Chauffeur jetzt wieder rückwärts raus müssen, müsste er das blind machen, denn mit den ausgeklappten Ohren würde er hängenbleiben. Noch bevor wir hier richtig angekommen sind, können wir dem Eintrag eines Besuchers in einem der Internet-Foren nur aus vollem Herzen zustimmen: The most quirky place I've ever been. Allerdings sehen das nicht alle so. Denn als der Chauffeur gerade versucht, den Franz ohne Vaseline durch die Einfahrt zu friemeln, steht ein netter älterer Herr neben ihm, englischer Gentleman mit Gehstock und Fliege, den man überall verorten würde, nur nicht hier, und raunt ihm durchs geöffnete Fenster zu: „You come to the best place in Cornwall." Sein Wort in Gottes Ohr!  

Die Rezeption wird in Tateinheit mit der wuseligen Küche von Henry und seiner Frau betrieben. So etwas hast du nicht gesehen, diese Küche könnte auch in einem Küchenmuseum Aufsehen erregen. Nachdem sich die Reiseleiterin und Frau Henry einig sind, was nicht schwer war, werden wir zu unserem Platz geführt, etwas erhaben, unter Palmen – und mit Blick aufs Meer: Room with a view! Neben dem Franz lädt uns eine kunterbunte hölzerne Sitzgruppe zu Verweilen und Schauen ein.  

Doch erst drängt es uns zu einem kleinen Rundgang durchs Lager. Wir sind uns nicht sicher, ob wir gerade eine Zeitreise in den Beginn unserer gemeinsamen 90er Jahre machen, nach Bangkok oder Chiang Mai, in eine dieser wuschigen Bagpacker-Absteigen oder ob wir doch in Takatukaland gestrandet sind. Plüsch, Krempel, Matratzenlager, verrostete Kunst zwischen geschnitzten Adler-Marterpfählen, eine sogenannte Wifi-Lounge, die mehr dem Dschungelzelt von Ho Chi Minh ähnelt als einem zeitgenössischen Quatsch- und Quassel-Tempel. Eine auf Stelzen errichtete Tee-Lounge scheint derzeit außer Betrieb. In den Ecken drapiert sich Gerümpel, um unsere Füße herum stolzen Enten und Hühner, die uns völlig unbeeindruckt und scheel von unten anschauen und angnarzen.  

Der ganze Laden ist bunt im Anstrich und seiner Ansicht, vielleicht ein Waldkindergarten für alt gewordene Immer-Kinder, wie der Chronist. Die Sanitäranlage, nun denn... Das Beste an ihr ist, dass gerade eine nagelneue, und, wie man bereits erkennen kann, sehr schöne entsteht, wie man überhaupt einräumen muss, dass Henry mit seinen Helfern unermüdlich unterwegs ist und baut, repariert oder zurechtrückt. Der Laden ist nicht verschlampt, sondern nur aus tiefstem Herzen verschnurrt.  

Sollte nun ein Verfolger unserer Reise den Einfall haben, dass sich der Mietzins in diesem Traveller-Hort auch auf Bagpackerniveau bewegt, so müssen wir sie oder ihn enttäuschen. Auch in Takatukaland weiß man seinen Marktwert einzuschätzen, denn gemäß der Drei-Punkte-Regel aller Immobilienhändler, erstens Lage, zweitens Lage und drittens Lage, orientiert sich auch hier der Preis an diesem Credo, was bedeutet, dass eine Nacht im westlichsten Banglampoo der Welt 28 £ kostet, zuzüglich 4 £ pro Hund, was sich zu 36 £ summiert. Sollten wir uns darüber auf dem südlichsten Campingplatz Englands knausrig zeigen? Auch Schwaben wissen um die eigentliche Unbezahlbarkeit der Lage, auch wenn sie sich meist besser mit der Unbezahlbarkeit der eigenen Finanzlage auskennen. Nein und nochmals Nein: Wir genießen diesen Flecken Erde mit jeder Faser und bekommen das Strahlen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Henry's Campsite ist eine Perle. Und waren wir uns nicht soeben erst über den Preis von echten Perlen einig? Na also...  

The Lizard ist eine Halbinsel im Südwesten Englands und hat nichts mit einer Eidechse zu tun, wie das ihr Name zu suggerieren scheint. Lizard geht auf das kornische Lys Ardh zurück, was etwa mit „Hohes Gericht" übersetzen werden kann. Am Ende der Halbinsel liegt Lizard Point, der südlichste Punkt Großbritanniens. Der Atlantik, der heute von unserem Hochsitz aus behäbig vor sich hin schwappt, kann an dieser exponierten Stelle zum bösen Monster werden, weshalb die Ecke als eines der berüchtigsten Schiffsgräber gefürchtet ist. Dagegen kann selbst das Lizard Lighthouse, der Leuchtturm auf der Klippe, nichts ausrichten. Wer hier in die Klauen der See gerät, hat schlechte Karten. Ob daher der Name „Hohes Gericht" abzuleiten ist? Nicht ohne Grund weiß der Volksmund, dass man vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand ist.  

Nachdem wir uns erschöpfend mit den Umständen und Örtlichkeiten bei Henry vertraut gemacht haben, steuern wir diesen Lizard Point nun mit den Mädels an. Gleich neben unserem Stellplatz steigen wir über eine brüchige, alte Mauer und sind mitten in der kornischen Natur. Über fette Wiesen stapfen wir, steigen durch quirlige Wässerchen, die sich den Klippen entgegenstürzen, stehen bald selbst auf den Klippen und blicken mit einem nicht geringen Schauder in die Tiefe, was vor allem für den Chronisten zutrifft. Weit hinaus lassen wir den Blick schweifen, spekulieren, welchen Kurs jene Fähre dort ganz weit am Horizont wohl fährt. Ist es die von Cherbourg nach Dublin? Oder die von Rosscoff nach Rosslare? Seit genau vier Monaten sind wir heute unterwegs, und dennoch schleicht sich Fernweh in die Herzen. Können wir denn nie genug kriegen? Der Wind pfeift uns sein Sirenengeheul um die Ohren oder ist es doch die kornische Loreley, die uns aufs Meer locken möchte? Die Mädels würden uns heute (und auch sonst fast immer) überallhin folgen, stehen mit windverknäuelten Ohren am Rand der Klippen und scheinen wie wir dem Gesang zu lauschen. Nur jetzt nicht springen!  

Lizard Point selbst hält uns nicht fest. Dort läuft alles zusammen, dort ist Kaffee und Kuchen und Eis und Fish & Chips und eben all das, was man an einer so ausgesetzten und prominenten Anlaufstelle erwartet. Auch der Leuchtturm erregt nicht unsere Begeisterung, warum auch, er soll ja nur seine Pflicht erfüllen und wenn er das so unauffällig tut, wie er dasteht, dann erfüllt er seinen Zweck. Es gibt aufregendere Leuchttürme.  

Um 16:15 Uhr sind wir nach 4,5 km zurück und stärken uns mit Kaffee und Scones mit Clotted Cream und Erdbeermarmelade.  

Die Frage, ob wir heute Lust auf einen Pub-Besuch haben, kappt die Begleiterin resolut: Nein, heute ist Sonnenuntergang vom kunterbunten Takatuka-Bänkchen aus. Also nicht nur ‚Room with a view', sondern ‚Room with a few sundown'. Und anschließend wäre es zu spät für den Pub, lautet der Bescheid. Jetzt weiß er Bescheid, der Chronist, und kann sich Gedanken machen, ob ihn etwas Studentenfutter als Ergänzung zum nachmittäglichen Scone durch die Nacht bringen wird. Vielleicht mit Unterstützung von zwei oder drei Guinness?  

Doch wankelmütig ist das Weib und voll der Rast- und Ruhelosigkeit. Wenn die Sonne eventuell doch nicht an der vorher berechneten Stelle ins Meer fiele, sondern launigerweise etwas weiter da drüben – ihr Finger weist die Richtung –, könne sie mit großer, zu berechnender Wahrscheinlichkeit ihren blutigen Sturz nicht sehen. Dann müsste sie das Programm morgen noch einmal aufrufen, was einerseits von der Wolkenlage nachteilig beeinflusst werden könnte und andererseits auch den morgigen Kneipengang verhindere. Sie habe deshalb beschlossen, doch heute die Gelegenheit zu nutzen und das verzweifelte Sterben der Sonne von einem Logenplatz auf der Klippe zu verfolgen.  

So kommt es, wie vorhersehbar: Wir marschieren ein weiteres Mal los, ausgerüstet mit einem Rucksack mit Gin, Tonic, Eis und Gurkenscheiben (GT ohne Gurkenscheibe ist Scheibe), alles bruchsicher verpackt, die Mädels im Schlepp, die gar nicht fassen können, dass sie um 19:30 Uhr noch einmal auf große Tour dürfen. Wir haben genug Zeit, uns in aller Gelassenheit und vorfreudig zu den Klippen hinunterzubewegen, denn die Sonne, egal wo sie ins Meer tauchen wird, am vorhergesehenen oder befürchteten Ort, wird sie das erst um 20:30 Uhr tun: eine Stunde Lizard-Bummel.  

Wir finden in auch für den Chronisten ausreichend großem Abstand eine dicke Eichenbohle, die in eine Steinmauer gesetzt ist und sich uns als GT-Sundown-Logenplatz anbietet. Die Fotografin versucht mit wechselndem Erfolg, den Mädels ein gesellschaftsfähiges Sitz mit freundlichem Lächeln abzutrotzen und beschließt anschließend die Cocktailbar auf den Klippen zu eröffnen. Etwa 30 Meter neben uns, hinter einem Mauerknick, lässt sich ein weiteres Paar zum Sundowner nieder, während wir nun dem Wacholdereidulijö zusprechen. Es hat doch immer wieder etwas Erhabenes, unser Zentralgestirn ertrinken zu sehen, und weil man weiß, dass es wie von Geisterhand am nächsten Morgen als Aphrodite wieder aus dem Meerschaum steigt, muss man sich auch kein schlechtes Gewissen machen, wenn man beim Sterben wohlige Gefühle entwickelt. 

Nicht auf dem Regiezettel der Untergangsshow steht jedoch eine Komparsin namens Hedda, die, vor dem Chronisten liegend, den Horizont nach Verwertbarem abscannt und, offensichtlich fündig geworden, hochschießt, den Chronisten, der nach ihrer Leine greift, beinahe einen doppelten Überschlag machen lässt, was der wiederum mit einem abgründigen Donnerwetter – halb zog sie ihn, halb sank er hin – quittiert. Der Anlass für diese Jagdszene ist ein – Hasenfuß. So jedenfalls könnte man das vermeintliche Beutestück bezeichnen, das Hedda zu dieser Jagdszene inspirierte. Der Hasenfuß ist ein Menschenfuß, der jenes männlichen Nachbars zur Linken, 30 Meter entfernt, der es sich bequem machte und seine Beine ausstreckte (die haben ja keine so bequeme Eichenbank wie wir), wobei der Fuß in Heddas Blickfeld rückte, was sie sehr entzückte, weil sie ihn als Hase identifizierte.  

Nach diesem kleinen Hasenpanier geht dann auch die Sonne unter, dort wo es ihr Fahrplan vorsieht, nicht im Wasser, sondern hinter Land's End, und ohne jeden Wolkenschleier. Die letzten Strahlen löschen wir mit einem letzten Schluck Gin und machen uns auf den Heimweg. Als wir losgehen, kommen auch gerade unsere Nachbarn mit dem Hasenfuß des Wegs und wir kommen sofort ins Plaudern. Es ist ein junges Paar etwa Mitte 30 und völlig verschossen in unsere Mädels. Das ändert sich auch nicht, als wir ihm erklären, dass ihn sein Bein nur wegen einer beherzten Rettungstat des Chronisten noch nach Hause tragen kann. Die zwei können herzlich darüber lachen und begleiten uns noch bis an den Mauerdurchbruch zum Camp. Wir verabschieden uns und haben wieder eine so liebenswerte und besondere Bekanntschaft gemacht, dass wir gar nicht mehr wissen, wohin mit all den wertvollen Erinnerungen. Manchmal braucht es nur 20 Minuten Nachhauseweg, um zu wissen, was eine Reise unvergesslich macht. Diese beiden sind einfach nur herzlich und so unverfälscht liebenswert, und haben, wie alle bisher, zum Schluss noch einen heißen Tipp: St. Davids, der äußerste Westzipfel von Wales... unbedingt... bloß nicht versäumen. Aber sicher doch!  

Um 21 Uhr sind wir wieder zuhause, machen uns Spaghetti Vongole, weil der Gin sich nicht mit Studentenfutter abspeisen lässt und haben gegen 22:15 Uhr unser Tagwerk beendet. Als wir gegen Mitternacht die Luken schließen, kriegen die Mädels das nur noch mit einem halben Auge mit, wundern sich aber dennoch, dass sie heute keinen Pipi-Gang mehr bekommen.  

Es hat noch 10 °C und es ist klar. Der Wind hat sich auch schon schlafengelegt.  

The Lizard
Polperro / Mevagissey